Der Kulissenbau im klassischen Sinne wird bei vielen Filmproduktionen und Fernsehsendungen nicht mehr oder im Verhältnis nur noch sehr eingeschränkt eingesetzt. VR macht es möglich: Statt aufwendige Kulissen schreinern zu müssen können nun Form, Farbe und Größe von Objekten mit nur wenigen Mausklicks angepasst werden.
VR bietet damit eine große Fülle an Vorteilen:
- Mehrfachnutzung von Studios für verschiedene Sendungen
- Umgestaltung des Sets ohne Sendeunterbrechung
- Keine Grenzen für Kreativität
- Kosten- und Platzvorteile
- uvm.
Um eine VR-Umgebung im Bereich Broadcast und auch im Live-Betrieb nutzen zu können, müssen viele technische Komponenten zusammenspielen. Einige von ihnen sind jedoch besonders entscheidend, wie das Kameratracking – zumindest, wenn die Kamera bewegt werden soll. Denn ohne Kameratracking kann kein perspektives angepasstes Bild erzeugt werden und somit wäre das produzierte Bild nicht nutzbar.
Der Begriff Tracking umfasst dabei einen Datenstrom, der alle Raum- und Rotations-Koordinaten der Kamera sowie zum Zustand der Optik enthält. Mit diesen Daten ist nun die Rendermaschine in der Lage jederzeit und synchron die Perspektive der virtuellen Kamera an die der realen Kamera anzupassen. Für die Illusion eines Virtuellen Studios ist präzises Tracking dementsprechend obligatorisch.
Zur Bestimmung der Kameraposition im Raum gibt es verschiedene Trackingverfahren:
- Robotisches oder internes Tracking
- Externes Tracking
Robotisches / Internes Tracking
Nutzt man für die Produktion robotische Kamerasysteme benötigt man keine zusätzliche, externe Trackinglösung, denn dank des internen Trackings des jeweiligen Systems werden die räumlichen Daten ohnehin erfasst. Beim sogenannten Robotischen, oder internem Tracking ist eine genaue Positionserfassung über die Encoder des mechanischen Systems möglich.

Ein großer Vorteil dieser Methode ist die hohe Präzision und die Unempfindlichkeit gegenüber externen Einflüssen. Da die Encoder die physikalische Position direkt auslesen und nicht, wie externe Systeme auf Basis optischer Analysen „sehen“ und berechnen müssen gibt es hierbei kein, oder zumindest erheblich abgeschwächtes „Jittern“ – also Wackeln – der Koordinaten. Auch entsteht hier durch das Tracking System kein zusätzliches Delay. Je nach Steuersoftware der Robotik ist es sogar möglich die Robotik so präzise zu steuern, dass das Tracking vorberechnet und vor der eigentlichen Bewegung abgeschickt werden kann, was das durch die Renderzeit der Grafik vorgegebene Produktionsdelay fast vollständig eliminieren kann. Das ist besonders nützlich beim Umgang mit LED-Wänden in einer Virtual Production.
Ein Nachteil des internen Trackings ist, dass es mit der Robotik bzw. dem mechanischen System endet und anders als die meisten externen Verfahren kein absolut freies Bewegen im Raum ermöglicht. Ein Roboter oder eine PTZ-Kamera kann zwar ihre eigenen Bewegungen erfassen und damit tracken, wenn aber das System zum Beispiel per Hand von außen bewegt wird, erhalten die mechanischen Encoder diese Informationen nicht und das Tracking wird nicht nachgeführt. Bei robotischem Tracking muss jegliche Bewegung des Systems über erfasste Achsen erfolgen. Soll der Roboter sich noch zusätzlich im Raum bewegen, muss er sich also auf einer mit Encodern bestücken Schiene oder Ähnlichem bewegen.
Externes Tracking
Das externe Tracking ist somit für handgeführte Kameras oder frei im Raum bewegliche Pedestals gedacht und kann optisch oder via Sensoren bspw. mittels Infrarots erfolgen.

Ein gängiges optisches Trackingsystem ist Antilatency in Kombination mit dem Eztrack-HUB der Firma Miraxyz. Diese weit verbreitete Lösung arbeitet mit Positions-LEDs an der Raumdecke, die in einem eineindeutigen Muster angebracht werden. Dieses wird später von einem an der Kamera montierten Sensor erkannt, ausgelesen, in den dreidimensionalen Raum als Koordinaten übertragen und an die Rendermaschinen übermittelt. In diesem System ist die „aktive“ Komponente die LEDs an der Studiodecke.

Eine weitere Lösung ist die von VR-Brillen bekannte Vive-Lösung, bei der in den gegenüberliegenden Raumecken Basisstationen installiert werden, die den Tracker im Raum per Infrarot verfolgen. Der Tracker selbst ist eine komplexe geometrische Form an der Infrarot-Reflektoren angebracht sind. Die „aktive“ Komponente sind hier also die Basis-Stationen, welche sowohl einen IR-„Strahl“ aussenden, als auch die Reflexionspunkte des Trackers sehen und diesen somit verorten. Wie bei Antilatency wird auch hier die eigentlich aus dem Consumer-Bereich kommende Trackingtechnologie durch den Eztrack-HUB broadcastfähig gemacht.


Neben den bisher vorgestellten, vergleichsweise kostengünstigen Möglichkeiten gibt es auch noch hochwertigere und hochpreisigere Verfahren, wie Mo-Sys Startracker oder Optitrack.
Bei Mo-Sys werden an der Decke Reflektor-Punkte in einem zufälligen Muster angebracht und auf der Kamera eine, nach oben gerichtete IR-Kamera inklusive IR-Scheinwerfer. Im Gegensatz zu Antilatency ist hier die aktive Komponente also auf der Kamera.

Bei Optitrack werden IR-Kameras in den Raumecken platziert und auf der zu trackenden Kamera IR-LEDs in einer bestimmten Anordnung, welche von den IR-Kameras gesehen und verortet werden.
Grundsätzlich basieren fast alle externen Trackingsysteme für den Realtime-Einsatz auf irgendeiner Form von Infrarot Licht und unterscheiden dabei nur in Preis, Platzierung der aktiven Komponente, Präzision und Reichweite. Alle diese Systeme haben Probleme mit der Abdeckung und, da sie mit Infrarot funktionieren, direktem Tageslicht.
Der Vollständigkeit halber ist auch Talent-Tracking zu erwähnen. Mit Talent-Tracking ist es möglich den Moderator und dessen Bewegung zu tracken. Dadurch kann er oder sie sich auf natürliche Weise in der virtuellen Welt bewegen und mit virtuellen Objekten interagieren oder von Kameras automatisch verfolgt werden. Dabei kann man ähnliche oder sogar die gleichen Tracking-Systeme, wie für das Kameratracking nutzen, es gibt hier aber auch realtime-fähige Alternativen, wie Zero Densitys Traxis Talent, welche trackerlos mit optischer Bildanalyse arbeiten.

Abschließend wird deutlich, dass alle Trackingsysteme ihre Vor- und Nachteile haben, es gibt daher kein „ultimatives“ System, das heraussticht. Stattdessen sind die Umgebungsfaktoren ausschlaggebend in der Anschaffung eines passenden Systems.
Sie haben Fragen, oder möchten sich die verschiedenen Trackingsysteme live anschauen? Dann rufen Sie uns an unter +49 2421 55 890 und besuchen Sie unser Innovation-Center.
Ihr Ansprechpartner
Felix Moschkau
CTO
felix.moschkau@kst-moschkau.eu