Eine Green Area ist ein bewährtes Mittel zum Keying von Personen und Gegenständen, allerdings ist die quietschgrüne Umgebung für Schauspieler, Moderatoren und vor allem für Gäste in Live-Sendungen eine große Herausforderung.
Man könnte daher meinen, dass eine LED-Wand der perfekte Ersatz im Bereich der Virtual Production wäre, um Orientierungslosigkeit im Studio zu vermeiden, aber ist das auch tatsächlich so?
Äußere Rahmenfaktoren
Eine LED-Wand ist aus offensichtlichen Gründen teurer, wartungsintensiver und auch aufwendiger im Aufbau im Vergleich zur Green Area. Denn diese besteht zumeist aus einem Holzständerwerk, auf das eine Wand- und Bodenpaneele sowie eine Hohlkehle angebracht wird. Nach dem Verspachteln der Oberflächen fehlt lediglich noch der Anstrich. Eine Wartung ist nicht notwendig, maximal wird ein neuer Anstrich fällig.
Bei der Anschaffung einer Fine-Pitch-LED Videowand müssen zunächst der Anwendungsfall und die Räumlichkeiten genauer betrachtet werden. Dazu gehören:
- Betrachtungsabstand & -winkel
- Helligkeit
- Kontrast
- Farbraum
- Mechanik
Der ideale Betrachtungsabstand von Kamera zu LED-Wand (Beispiel von Leyard Europe) ergibt sich aus dem Pixelabstand zwischen den einzelnen LEDs. Wenn die Kamera näher als der empfohlene minimale Abstand an der LED-Wand steht, können die einzelnen LEDs im Bild wahrgenommen werden. Außerdem kann zusätzlich der Moiré-Effekt entstehen, sodass der Betrachter ein Flimmern im Bild sieht. Dieser Effekt kann auch auftreten, wenn die Kamera zu weit von der Wand entfernt ist oder in einem zu steilen Winkel auf die Wand gerichtet ist.
Pixel-Pitch | minimaler Betrachtungsabstand | maximaler Betrachtungsabstand |
2.00 | 3,44 m | 6,88 m |
1.75 | 3,01 m | 6,02 m |
1.50 | 2,58 m | 5,16 m |
1.25 | 2,15 m | 4,30 m |
1.00 | 1,72 m | 3,44 m |
0.75 | 1,29 m | 2,58 m |
Vor- und Nachteile
Die Vor- und Nachteile der Technologien sind stark abhängig vom jeweiligen Anwendungsfall bzw. der Produktionsart.
Filmproduktionen haben – logischerweise – einen anderen Anspruch an ihr Ergebnis als Live-Produktionen. Für Filme, Serien oder Werbedrehs soll eine bestimmte Stimmung erzeugt werden, die charakteristisch für die Produktion, den Regisseur oder die Firma ist. Live-Produktionen haben ebenso den Anspruch des Wiedererkennungswerts, jedoch richtet sich dies eher an Moderatoren und das Set als an den gesamten szenischen Aufbau.
Die LED-Wand bietet für Filmproduktionen daher verschiedene Vorteile:
- bessere räumliche Orientierung für die Darsteller
- korrektes Ambientlicht durch die Reflexion der LEDs auf Requisiten
- geringere Kosten in der Post-Produktion, aufgrund des Drehs mit perspektivisch angepasstem Hintergrund
Bildtechnisch ist LED vor allem in Bezug auf den Moirée-Effekt noch eine Herausforderung. In Studioproduktionen ist dies aber weniger relevant, denn der jeweilige Take kann leicht erneut gedreht werden und die Pitch-Größe, die in entsprechenden LED-Caves sehr klein ist, mildert den Effekt ebenfalls deutlich, treibt aber auch die Kosten extrem in die Höhe.
Bei Live-Produktionen ist dies schon ein größeres Problem. Vor allem, da es bisher nur eingeschränkt möglich ist Ghosting zu nutzen, also mit zwei verschiedenen Perspektiven auf einer LED-Wand zu arbeiten, was den Live-Einsatz stark einschränkt.
Ghosting / Frame Remapping: LED-Wände aus verschiedenen Perspektiven nutzen
Bei LED-Wänden im Virtual Production Bereich wird der Content der Wand abhängig von der Perspektive und somit dem Tracking der Kamera gerendert. Was beim szenischen Arbeiten im Film für Aha-Effekte sorgt, stellt die Broadcast-Umgebung vor einige größere Probleme. Eines davon ist der Mehrkamerabetrieb. Das Grundlegende technische Problem ist, dass eigentlich nur eine Kameraperspektive gleichzeitig auf der Wand dargestellt werden kann, was also, wenn ich sie mit zwei, drei oder vier Kameras gleichzeitig abnehmen will?
Ghosting oder Frame Remapping ist eine Möglichkeit dieses Problem anzugehen. Die einfach ausgedrückte Theorie ist dabei eben doch alle Kameraperspektiven gleichzeitig auf der Wand darzustellen, zumindest fast. Der technische Prozess ist derselbe, wie bei der Darstellung von 3D im Kino. Auch hier werden zwei Bilder aus unterschiedlichen Perspektiven gleichzeitig auf der Wand dargestellt und wir brauchen ein Filterndes Element (die 3D-Brille), damit jedes Auge das ihm zugewiesene Bild sieht.
Wenn man von einem Produktionsstandard von 50 Bildern pro Sekunde ausgeht, wird die Wand auf eine Bildfrequenz von 400 Hz gestellt, also einem Vielfachen des eigentlichen Produktionsformates. Die LED-Wand wird nun in schnellem Wechsel abwechselnd mit den Bildern für Kamera eins, zwei, drei und vier bespielt. Nun wird der Takt der Kamera und der zugehörigen Renderengine um jeweils eine Viertelphase verschoben. Die Kameras machen also jeweils immer noch 50 Bilder pro Sekunde, aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten, nach Feineinstellung genau passend zum „Flackern“ auf der Wand. Nach zusätzlichem Anpassen des Shutters sieht also jede Kamera nur das ihr zugewiesene Bild und nicht die der anderen Kameras.
Für den Betrachter und Moderator wird dieses Verfahren je nach Bildfrequenz als starkes Flackern oder, wie man es auch im Kino sieht, als diffuse Summe (Mischung) aller Bilder gesehen. Daher kommt auch der Begriff des Ghostings.
Dadurch gehen jedoch einige der Vorteile der LED-Wand im Vergleich zu einer GreenScreen Produktion verloren. So kann der Moderator nun nicht mehr klar seinen Hintergrund bzw. den Content auf der Wand erkennen. Außerdem fühlt er sich durch das ständige Flackern nicht mehr wohler oder natürlicher als im Grün. Hier kann durch eine „Gewichtung“ auf ein Bild, also ein Bild wird länger als die anderen auf der Wand belassen, ein kleiner Trick im menschlichen Gehirn ausgelöst werden. Man gewöhnt sich an das Bild, was am längsten sichtbar ist, und nimmt dieses primär wahr.
Nichtsdestotrotz setzt dieses Verfahren erhebliche technische Bedingungen voraus, welche sich mit der Menge der Kameras multiplizieren: die LED-Wand und der Prozessor müssen in der Lage sein entsprechende Bildwiederholraten zu erreichen, die Kameras müssen über entsprechende Shuttermöglichkeiten und auch unabhängig davon über eine entsprechen schnelle Sensor-Auslesezeit verfügen und die Feineinstellung ist sehr zeitaufwändig und wartungsintensiv.
Somit lässt sich zusammenfassen, dass der Einsatz einer oder mehrerer LED-Wände im Einkamerabetrieb mit szenischen Arbeiten durchaus Sinn macht und seine Vorteile hat. Mit Ghosting / Frame Remapping hat man eine Möglichkeit geschaffen, ein Virtual Production Setup mit LED-Wänden broadcastfähig zu machen, das aber den technischen Aufwand und damit auch den Preis der beteiligten Komponenten extrem in die Höhe treibt und in einer Mehrkamera-Live-Umgebung schnell an technische Grenzen stößt und für mehr Einschränkungen als Vorteile sorgt.
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